Nachdem sie alle Sachen zusammengesucht hatte, reihte sie sich am Ende der Schlange an der Supermarktkasse ein. Sie versank ein bisschen in ihren Gedanken und merkte gar nicht, dass sie schneller als erwartet bereits an der Reihe war. „Guten Tag!“, sagte die Kassiererin freundlich lächelnd. „Guten Tag“, gab sie schmunzelnd zurück. Angenehm routiniert zog die Kassiererin die wenigen Dinge, die heute als Abendessen dienen sollen, über den Scanner. „Ein Euro einundsechzig, bitte“, fasste sie den Einkauf zusammen und schaute mit offenen Augen zu ihr herüber. Sie kramte kurz nach einigen Münzen und ließ sie leicht in die offene Hand der Kassiererin fallen. „Zwei Euro eins, danke“, gab letztere nach einem kurzen Blick auf das eben erhaltene Geld zurück, bevor sie vierzig Cent aus der Kassenschublade holte, sie auf die Handfläche legte und ihr mit einem höflichen „Vierzig Cent zurück… Bitte.“ das Rückgeld zurückgab. Die Käuferin bedankte sich, und noch bevor sie sich verabschieden konnte, hörte sie von der Kassiererin ein fröhliches „Danke und auf wiedersehen.“ Mit den wenigen Dingen, die sie eben eingekauft hat, verließ sie den Supermarkt mit dem glücklichen Gefühl, hier gerne wieder herzukommen.
Und dann wache ich auf… Es ist kein schönes Zurückkommen in die Gegenwart, war der Traum doch einfach zu schön. Herzlich Willkommen, Servicewüste Deutschland. Und wieder hast Du mich in Deinen Klauen, begegnest mir überall, wo ich als Kundin ernstgenommen werden möchte. Nicht nur, weil der Kunde König sein sollte, sondern viel mehr noch, weil ich ein Grund dafür bin, dass die ach so freundlichen Kassiererinnen und Mitarbeiterinnen einen Job haben. Würde ich nämlich nicht jedesmal wieder die Güte und vor allem die Geduld besitzen, und wäre ich nicht auf gewisse Nahrungsmittel angewiesen, dann hätte ich Ihrem Laden schon längst im allerwahrsten Sinne des Wortes den Rücken gekehrt.
Man mag es kaum glauben. Es fällt heutzutage mehr auf, wenn jemand freundlich zu einem ist. Vor einigen Jahren war das noch anders. Da ist man eher mal aus einem Geschäft gegangen und hat mit etwas verzerrten Gesicht festgestellt, dass „die/der aber nicht nett“ war. Heute? Tja…
Aus eigenen Erfahrungen weiß ich, dass man Kunden auf hervorragende Weise an ein Geschäft binden kann, wenn man ihnen Freundlichkeit, Aufmerksamkeit und ein bisschen Interesse entgegenbringt. Wenn dann Kunden aus dem eigenen Geschäft gehen, sich gegenseitig anstoßen und darüber sprechen, dass „die aber eben sehr freundlich“ war und dann noch als Antwort von der Freundin ein „Ja, die sind hier immer so, deshalb gehe ich auch so gerne her…“ kommt… war das dann so ein Kraftakt, an den geeigneten Stellen „Bitte“ und „Danke“, „Hallo“ und „Auf Wiedersehen“ einzubauen?
Manchmal stelle ich mir vor, ich säße an der Kasse bei PLUS (meinem deklarierten Erzfeind…). Ich würde ein „Sechs Euro dreizehn“ ohne „…, bitte“ gar nicht über die Lippen kriegen. Bin ich jetzt unnormal??? Oder wird man so, wenn man einige Jahre bei PLUS gearbeitet hat? Wild entschlossen habe ich mir gesagt, dass ich unter diesen Umständen gerne in den als teurer bekannten Läden ein bisschen mehr ausgebe, wenn ich dafür einen angenehmeren Service bekomme. Naja… Bei Rewe habe ich heute genau drei Wörter von der Kassiererin gehört: „Ein Euro einundsechzig!“ Mehr nicht! Ich kann dann ja prima auf stur stellen, und um Gleichstand zu erreichen, habe ich einfach überhaupt nichts gesagt. War ihr aber wahrscheinlich egal… Oder besser: Sie wird sich wahrscheinlich über die Unfreundlichkeit der Kundin geärgert haben. Ha, dass ich nicht lache!
Gerne beobachte ich auch bei Kaufland die freundlichen Mitarbeiterinnen, die so geschäftig ihr Regal mit den Milchprodukten auffüllen, dass sie gar nicht mitbekommen, was um sie herum geschieht. Sehr dienstbeflissen, aber vor einigen Tagen bin ich – ungelogen! – einer Mitarbeiterin von ihrem Wägelchen mit der einzuräumenden Ware bis zum Kühlregal hinterhergedackelt, ehe sie auf mein mehrmals wiederholtes „Entschuldigung…“ reagierte. Sie hat mir zwar meine Frage beantwortet, aber offensichtlich blieb der Deckel der Magerquarkschälchen, die sie in der Hand hielt, sehr viel wichtiger, als einen Blick in meine Richtung zu verschwenden. Wie konnte ich denn eigentlich nur die Frechheit besitzen, sie bei ihrer Arbeit zu stören?
Und so frage ich mich, wo die kleinen Wörtchen „Bitte“ und „Danke“ geblieben sind. Ist es denn so aufwändig, seine Sätze mit diesen kleinen Höflichkeitsfloskeln auszustatten? Wenn dann für die Fortgeschrittenen noch ein Lächeln dazukommt, biete ich dafür ein freundlicheres Miteinander. Wenn wir alle ein bisschen mehr Rücksicht aufeinander nehmen würden und andere nicht als Störenfriede auffassen würden, die es wagen, sich unaufgefordert in unser geschäftiges Treiben einzumischen, oder uns auch noch Arbeit machen, indem sie die Lebensmittel nicht einfach ohne zu bezahlen mitnehmen, dann könnten wir tatsächlich alle einen Alltag erreichen, der ein bisschen weniger stressig ist.
Danke fürs Zuhören.