Wir erwarteten unseren Schlaf. Doch wir wurden Ohrenzeugen eines Konzertes von Sägegeräuschen. Ja Mehrzahl! Zu dem uns bereits bekannten Schnarchen von Christian hatte sich ein weiterer Schnracher gesellt… der Schuldige war schnell ausgemacht, hatten wir doch auch nur einen „Neuling“ bei uns im Zimmer.
Wir konnten an sich eine ganze halbe Stunde länger schlafen als an den übrigen Tagen, da Frau Prof. Wendebourg uns zugestand, die Essensausgabe von 7.30 bis 8.30 Uhr in vollem Umfang nutzen zu dürfen. Das Frühstück war im Vergleich zu Erfurt recht kläglich. Doch lobend erwähnen muss man die Herzsalami, die mich doch optisch sehr ansprach…
Nach dem Frühstück packten wir wie gewohnt unsere Sachen und komischerweise fand man(n) sich dann auf dem Klo ein, um sich durch die Trennwände hindurch zu unterhalten und sich währenddessen erheblich zu erleichtern… Ein recht lustige Situation, wenn das nicht so dermaßen gestunken hätte… *boah*
Zu 9.00 Uhr wurden alle zum Appell am Reisebus gerufen, von wo wir durch Wittenberg liefen und die Stadt per Pedes erkundeten (was nicht schwer ist, denn die Stadt besteht nur aus zwei parallel verlaufenden Straßen…). Auf dem Weg zum Marktplatz entdeckten wir dann an einer Säule das Graffiti „These I: Lutherkult abschaffen“.Das erzeugte doch schon mehr als ein Schmunzeln… Auf dem Marktplatz kam es dann zwischen Susi und mir zum „Showdown“ der Objektive. Ich hatte Susi ja shcon vorher für ihre Kamera nebst dem Teleobjektiv beneidet. Aber meine Anerkennung muss ich im nachhinein relativieren, denn es handelte sich bei Susis Kamera gar nicht um eine digitale Kamera, sondern um eine analoge…
Das ich mich hier so über die Kamera auslasse, lässt den geneigten Leser sicherlich folgern, dass die Führung so spannend nicht wahr… nun dazu gebe ich mal keinen Kommentar ab.
„Höhepunkt“ der kurzen Führung war die Besichtigung des „Predigerseminars“ – oder zumindest des Hauses von außen. In diesem Seminar werde auch ich – so Gott will – auch einmal studieren müssen/dürfen. Hier werden die Theologiestudenten u.a der EKBO auf den Pfarrdienst vorbereitet.
Es war nun mittlerweile recht spät – kurz vor zehn Uhr – und da wir als gute Theologiestudenten natürlich zum Gottesdienst wollten, setzten sich also die 60 Studenten schleunigst in Bewegung um (halbwegs) pünktlich in der Stadtkirche St.Marien anzukommen. Die Gemeinde staunte nicht schlecht, als wir plötzlich in die Kirche stürmten und diese in Besitz nahmen, da wir nun die Mehrheit der Gottesdienstbesucher stellten. Ein Kirchwart fragte uns noch schnell, was wir denn für eine Gruppe seien und steckte dieses noch in aller Eile der Pfarrerin. Und so wurden wir dann auch als Theologiestudenten aus Berlin extra begrüßt.
Während des Gottesdienstes meldete sich meine Blase… vielleicht durch die Kälte, denn wir froren alle schon wieder erbärmlich. Nach dem Abendmahl hab ich mich dann schnell nach hinten geschlichen und den Kirchwrat nach der Toilette gefragt, die sich jedoch im nachhegelegen Gemeindehaus befindet. Doch der Drang nach Befreiung war größer als die Angst vor dem Zorn der Leiter, dass ich mcih während des Gottesdienstes entfernt habe. Und da ich noch während des dritten und letzten Tisches wieder meinen Platz in der Kirche einnahm, hat auch kaum jemand mein Fehlen bemerkt.
Ihr merkt, die Frage nach Toiletten war für uns eine sehr wichtige… schließlich waren wir den ganzen Tag unterwegs, waren durchgefroren und hatten kaum Gelegenheit menschlichen Bedürfnissen nach Erleichterung und Wärme nachzukommen.
Nach dem Gottesdienst bekamen wir eine Führung durch die Kirche. Doch auch dieser Herr war der Meinung uns nun seine eigene theologische und vor allem unqualifizierte Meinung zu jedem einzelnen Bild bis ins kleinste Detail präsentieren zu müssen. Die Führung war schlichtweg langweilig und so seilte ich mich nach und nach immer mal wieder ab, um ein paar Schnappschüsse in der Kirche zu machen.
Nach der Führung zeigte uns Dr.Deuschle in aller gebotenen Kürze und Würze noch einige Besonderheiten an der Außenfassede der Stadtkirche. Von dort spazierten wir erneut zur Schloßkirche, die wir bereits ja im dunklen besichtigt hatten. An der Tür, wo Luther damals seine 95 Thesen angeschlagen haben soll, findet man heute eine Tür, auf der alle Thesen eingraviert sind. Ein kleiner Zaun vor dieser Tür soll die Besucher auf Abstand halten.Im Kircheninneren war nicht mehr sonderlich viel neues zu entdecken. Zugegebenermaßen waren die meisten von uns durch den ewig langen Vortrag in der Stadtkirche auch schon wieder am Ende ihrer Aufnahmefähigkeit.
Danach wurden wir dann in eine 45-minütige Pause entlassen. Wir beeilten uns in unser „Stammcafé“ zu kommen, um dort „ordentlich“ zu Mittag zu essen. Wir waren eine im Vergleich zu gestern doch recht große und vor allem lustige Runde. Wir bestellten uns alle jeweils einen leckren Burger und – na klar – einen Kaffee.
Da ich noch Hunger hatte, kam noch ein Hot Dog hinterher… Dann rannten wir ans andere Ende der Stadt, damit wir ja um 13.30 Uhr am Lutherhaus sind. Kurz vor dem Lutherhaus jedoch… wir waren schon fast an einem Italiener vorbei… musste ich nach links schauen – und ich entdeckte unsere Doktoren nebst sämtlicher Assisteninnen gemütlich beim Essen… reichlich gefrustet – hatten wir uns doch beeilt den Burger schnellstmöglich zu verdrücken – kamen wir beim Lutherhaus an und stellten fest, dass wir die ersten waren. Dachte wir jedenfalls, da von draußen niemand zu zu sehen war.Frau Prof. Wendebourg jedoch wartete drinnen und war wenig erfreut, als wir nach ner Viertelstunde auf der Suche nach Wärme in die Eingangshalle des Museum kamen.
Frau Prof. Wendebourg führte die anwesenden Studenten höchstpersönlich durch die Sammlung. Etwas später schloss ein Herr zu uns auf, der sich später als Dr. Treu vorstellte. Dr.Trau ist derjenige, der diese Ausstellung entwickelt und vor kurzem in einer alten Lutherbibel eine handschriftliche Notiz als Beleg für den Thesenanschlag Luthers gefunden hatte. Dr.Treu wollte natürlich vor unserer Professorin glänzen und erfreute uns mit einem über anderthalbstündigen Vortrag (!) über das Museum…
Stellt Euch bitte mal folgende Situation vor: ihr seid durchgefroren und übermüdet und müsst Euch in einem warmen, wohltemporierten Raum auf gemütlichen Stühlen einen Vortrag anhören. Nun selbst Dr.Deuschle hatte mit den schweren Augenlidern zu kämpfen… *gg*
Um 17.30 Uhr fuhren wir pünktlich vor dem Lutherhaus ab – ohne ein abschließendes Gruppenfoto zu machen, da es angefangen hatte zu regnen. Um 20.30 Uhr trafen wir dann unweit der Theologischen Fakultät in Berlin ein und hatten hier dann mit gefährlichen Eisschichten auf dem Bürgersteigen zu kämpfen.
Es gab ein schnelles „Auf Wiedersehen“ und viele Umarmungen und dann war die schöne Exkusion vorbei.
Diese Exkusion hat mir persönlich die Motivation gegeben, mich in den Ferien auf meine Proseminararbeit zu stürzen und mich intensiver mit dem Menschen Luther zu beschäftigen. Eine weitere Folge ist, dass ich im kommenden Semester alles daran setzen werde, damit die KG IV-Vorlesung von Prof. Wendebourg in meinen Stundenplan passt und ich somit an der nächsten Exkursion auch teilnehmen kann. Ich freu mich schon drauf!