Dr. Peter Tauber: Mein Doktor

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Peter Tauber, Mitglied in der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, hat auf seinem Blog „Schwarzer Peter“ gestern einen wie ich finde sehr lesenswerten Kommentar zum Thema „Doktorwürde“ und „Karl Theodor zu Guttenberg“ veröffentlicht.

Ich bin Herrn Dr. Tauber sehr dankbar, denn er spricht mir mit seinen Worten voll und ganz aus der Seele. Aber lest selbst:

Mein Doktor

22. Februar 2011 von petertauber

Die auf häufigsten gestellte Frage der letzten Woche war, bei wem ich denn meine Doktorarbeit abgeschrieben habe. Was ein Scherz sein soll, gerät zur Beleidigung, wenn man weiß, wie viel Arbeit im Schreiben einer Dissertation verborgen liegt. Selbst diejenigen, die nicht mit einem „summa cum laude“ promoviert wurden, die in ihrer Arbeit Fehler gemacht oder wissenschaftlich nicht korrekt gearbeitet haben, haben doch in der Regel nicht gerade wenig Zeit „geopfert“, um diese akademischen Weihen zu erlangen.

Wer also im Schweiße seines Angesichts geforscht und geschrieben hat, der wird sich jedes Mal ärgern, wenn in den Medien ein Fall bekannt wird, bei dem jemand sich den Doktortitel gekauft hat oder man den wissenschaftlichen Wert der Arbeit in Zweifel zieht. Denn gleich sieht man sich einem Generalverdacht ausgesetzt, dass es bei der Vergabe akademischer Titel grundsätzlich nicht mit rechten Dingen zugehe. Dies im Zweifelsfall jedoch zu beurteilen, steht ganz oft denjenigen, die sich da lautstark Wort melden, gar nicht zu. Denn den Wert einer wissenschaftlichen Arbeit zu beurteilen, dass sollte man fachkundigen Wissenschaftler der jeweiligen Zunft überlassen.

Ohne jemandem zu nahe zu treten: natürlich ist Doktorarbeit nicht gleich Doktorarbeit. Die Voraussetzungen, um in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zu promovieren, sind doch recht unterschiedlich. Während in vielen Naturwissenschaften der Promotion eine oft langjährige Laborarbeit vorausgeht, sind Anforderungen für Juristen und Mediziner andere. Damit ich nicht falsch verstanden werde: deren Arbeiten sind nicht weniger wert. Die unterschiedlichen Voraussetzungen resultieren aus der Verschiedenheit der wissenschaftlichen Disziplinen. Aber gerade deswegen erübrigt sich ein Vergleich. Und eine öffentliche Bewertung wird gerade dann schwierig, wenn der akademische Titel mit der beruflichen Tätigkeit nichts oder nur wenig zu tun hat.

Nehmen wir – um beim konkreten „Fall“ zu bleiben – meine Person. Ich habe in Mittlere und Neuere Geschichte promoviert. Meine Arbeit wurde durch meinen akademischen Lehrer mit der Note „magna cum laude“ bewertet. Für mich als Historiker war die Promotion eine logische Folge und Fortsetzung des Studiums. Aber ganz ehrlich: Die Tatsache, dass ich promoviert bin, sagt rein gar nichts über meine Leistung aus Bundestagsabgeordneter aus. Und damit bin ich beim eigentlichen Thema:

Der Grund, warum ich scherzhaft auf meine Doktorarbeit angesprochen worden bin, sind die Plagiatsvorwürfe gegenüber Karl Theodor zu Guttenberg. Den Sachverhalt selbst muss die Universität Bayreuth, die ihm die Doktorwürde verliehen hat, klären. Ich habe meine leisen Zweifel, ob alle, die sich jetzt in dieser Frage äußern, den notwendigen Sachverstand und die Fachkenntnis haben, um ein qualifiziertes Urteil abzugeben und noch größer sind meine Zweifel, dass sie dies aus Sorge um die Reputation dieser Form wissenschaftlichen Arbeitens tun. Hier geht es schon längst nicht mehr um eine wissenschaftliche Arbeit. Hier geht es um Politik. Ich zumindest kann keine rechtswissenschaftliche Bewertung der Arbeit abgeben.

In einem anderen Punkt habe ich aber eine klare Meinung: Keineswegs ist Karl Theodor zu Guttenberg nun für weitere politische Aufgaben diskreditiert, wie es sich vor allem seine politischen Gegner und das linke Lager wünschen. Neidvoll blickt man dort auf die Sympathiewerte des Freiherrn, denn im linken politischen Spektrum gibt es derzeit niemanden, der solch ein Charisma hat und der für seine Politik solche Zustimmungswerte erzielt. Und ganz nebenbei: niemand außer Guttenberg hätte es geschafft, die Aussetzung der Wehrpflicht und den Umbau der Bundeswehr in so kurzer Zeit auf den Weg zu bringen.

Warum ich der Meinung bin, dass er auch künftig eine wichtige Rolle in der Union spielen sollte, egal wie die Plagiatsvorwürfe am Ende zu bewerten sind? Wir wünschen uns in der Politik Vorbilder, aber zugleich sollen die Politiker „normale Menschen“ sein. Dass passt in der Regel nicht zusammen, und Karl Theodor zu Guttenberg wurde von den Medien auf eine manchmal schon recht merkwürdige Art und Weise glorifiziert. Nun hat er offensichtlich einen Fehler gemacht. Es kommt jetzt darauf an, wie er mit dieser Situation umgeht. Der mögliche Fehler selbst ist verzeihlich, denn er erinnert uns auch daran, dass Karl Theodor zu Guttenberg kein (politischer) Heilsbringer ist, sondern ein Mann mit Fehlern und Schwächen – wie wir alle. Eine Ausnahmegestalt in der politischen Landschaft bleibt er trotzdem. Und gerade als ein Mensch mit Fehlern kann er weiterhin Verantwortung übernehmen. Ob mit oder ohne Doktortitel.

3 Gedanken zu „Dr. Peter Tauber: Mein Doktor

  1. studjur

    Lieber Thorsten Schatz,
    ich bin ziemlich enttäuscht, dass du als gebildeter junger Mann die Ausführungen des Herrn Tauber ernsthaft (?) unterstützt.
    Die Beurteilung der causa Guttenberg ist mitnichten abhängig von einer bestimmten fachlichen Qualifikation. Es kommt hier doch gar nicht darauf an, ob die Dissertation inhaltlich von hohem oder minderem Wert sei. Vielmehr geht es hier einerseits um wissenschaftliche Standards, die nicht eingehalten wurden, was auch ohne juristische Fachkenntnis für jeden einsichtig erscheinen sollte, und andererseits um die Art und Weise, wie Guttenberg mit den Vorwürfen umgeht und wie auch die Koalition mit den Vorwürfen umgeht. Und da zeigt sich, dass Guttenberg eben nicht mehr als Minister haltbar sein kann, schließlich hat er seine Verfehlungen nur scheibchenweise zugegeben und es geht hier auch nicht um irgendeine Kleinigkeit, nicht um ein paar vergessene Fußnoten, sondern um Abkupfern in einem erschreckend großen Ausmaß!
    Dass die Opposition Guttenberg kritisiert und dessen Rücktritt fordert, hat nichts mit Neid zu tun. Das ist eine ziemlich infame und hochmütige Behauptung des Herrn Dr. Tauber! Es geht hier auch nicht um die angeblichen politischen Leistungen des Ministers. Man kann hier nicht trennen zwischen dem Minister und dem Wissenschaftler Guttenberg. Sich hier hinter diesen vorgeschobenen Vorwürfen gegen die Opposition vestecken zu wollen, um vom eigenen Fehlverhalten abzulenken, ist ziemlich kleinkariert und empörend und einer Partei, die die Förderung von Bildung und Wissenschaft auf ihre Fahnen schreibt, zutiefst unwürdig und fördert die Politikverdrossenheit unnötiger Weise.
    Dass du so eine Ansicht unterstützt, hätte ich nicht von dir erwartet, schade!

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  2. Thorsten Beitragsautor

    Lieber studjur,
    vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich könnte mich gerade ohrfeigen, denn ich hatte eine lange Antwort geschrieben und bin dann dummerweise auf den falschen Knopf gekommen – und alles war weg. Ahhhhh!

    Drei Punkte aus Herrn Taubers Artikel sind mir wichtig:
    1. Der Hohn der durch die hochstilisierte „Causa Guttenberg“ als Generalverdacht über jeden Doktorranden ausgeschüttet wird, finde ich abscheulich. Die Medien und die Öffentlichkeit tragen zum Wertverlust der Doktorwürde bei.
    2. Ein guter Politiker zeichnet sich nicht durch seinen Doktortitel aus. Das ist keine Conditio sine qua non. Jeder Realschulabsolvent kann beispielsweise ohne Probleme ein Spitzenpolitiker werden, wenn er bestimmte Charakter-Eigenschaften mit sich bringt. Durch ein Studium wird man nicht automatisch zu einem besseren Politiker. Es gibt hierbei keinen Kausalzusammenhang.
    3. Ich stelle ebenso wie Herr Tauber nach wie vor und stärker denn je, die Frage, ob es denn wirklich all den Jounalisten und Hobby-Doktorranden um die Wissenschaft geht oder nicht vielmehr darum, die schwarz-gelbe Bundesregierung zu Fall zu bringen. Die Macht der Medien….

    Herr zu Guttenberg muss für seinen Fehler privat gerade stehen. Aber im Interesse der Wissenschaft muss auch aufgearbeitet werden, warum diese jetzt doch so offensichtlichen Fehler weder dem Doktorvater, noch den fünf hochrangigen Professoren und dem externen Gutachter, die Guttenbergs Arbeit lesen mussten, um ihm einstimmig „summa cum laude“ zu bestätigen, aufgefallen sind. Hier sehe ich die wahre Gefahr für die Wissenschaft.

    Die Frage wie man sich unter einem solch immensen öffentlichen Druck „richtig“ verhält, vermag man als Außenstehender, der nie einem solchen Apparat ausgesetzt war, nicht zu beurteilen. Es ist leicht zu sagen, dass er hätte sofort zurücktreten müssen. Nein, musste er nicht, denn nicht wir sind die Richter, sondern allein die Uni Bayreuth, die den Doktortitel nur deshalb so schnell zurückgezogen haben, weil Herr zu Guttenberg darum gebeten hatte. Warten wir ab, was noch alles zu Tage kommt. Für mich und meine eigene Meinung wird aber nur das eine Rolle spielen, was man aus der Uni Bayreuth und von Herrn zu Guttenberg direkt zu hören/zu lesen bekommt. So fair darf man als studur ruhig sein. 😉 Denn: in dubio pro reo, auch wenn der Zweifel schon recht hoch ist.

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