Über Stärken und Schwächen eines Körpers

Wie versprochen reiche ich Euch noch die Andacht nach, die ich vor der Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz am 17.11.2007 gehalten habe:

1. Korinther 12, 12 – 20:
Denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: also auch der Christus. Denn auch in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geiste getränkt worden.
Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele.
Wenn der Fuß spräche: Weil ich nicht Hand bin, so bin ich nicht von dem Leibe; ist er deswegen nicht von dem Leibe?
Und wenn das Ohr spräche: Weil ich nicht Auge bin, so bin ich nicht von dem Leibe; ist es deswegen nicht von dem Leibe?
Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo wäre das Gehör? Wenn ganz Gehör, wo der Geruch?
Nun aber hat Gott die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen an dem Leibe, wie es ihm gefallen hat.
Wenn aber alle ein Glied wären, wo wäre der Leib? Nun aber sind der Glieder zwar viele, der Leib aber ist einer.

Liebe Schwestern und Brüder,
Paulus redet mit den Korinthern, wie mit Kindern. Aber das macht auch Sinn, denn wer sich Kindern verständlich macht, der kann sicher sein, dass ihn alle verstehen.
Wie in Geschichten für Kinder bekommen auch hier die Körperteile ein eigenes Leben. Sie erhalten eine eigene Sprache, eigene Gefühle, eigene Interessen.

Der Fuß will Hand werden, das Ohr ist neidisch auf das Auge, und wenn alle Auge sein wollen, dann fehlt dem Körper alles Wesentliche.

Denn was will der Körper mit dem Gesehenen, wenn er es nicht verarbeiten kann, wenn er kein Gemüt hätte, um sich an den schönen Bildern zu freuen, wenn er sie sieht?
Oder wenn er keine Arme hätte, um mit anzupacken, wenn er sieht, wo er gebraucht wird? Und woher sollte er wissen, dass er gebraucht wird, wenn er nicht ein Gehirn hätte, dass das Gesehene mit Erinnerungen, Erfahrungen und Gelerntem verbindet, um dann eine Entscheidung zu treffen?

Mich erinnern diese Worte des Paulus an eine Satire von Otto Waalkes, die sie wahrscheinlich auch kennen:
„Auge an Großhirn: ‚Ich sehe Ärger kommen!‘
Großhirn an Drüsen: ‚Adrenalinausstoß vorbereiten!‘
Großhirn an Faust: „Ballen!“
Großhirn an Blutdruck: ‚Steigen!‘
Milz an Großhirn: ‚Was ist denn da bei euch los, ich krieg ja gar nichts mit hier!‘
Großhirn an Milz: ‚Wenn du nicht gleich ruhig bist, dann fliegst du raus, Milz!‘
Kleinhirn an Großhirn: ‚Also Leute so geht das nicht, wenn wir so weitermachen, dann haben wir gleich die schönste Schlägerei hier.’…. „

… und in dem Stil geht es weiter, vielleicht erinnern Sie sich daran.

Mir scheint, dass die Überlegungen des Paulus, genau in dieses Bild passen. Humor in der Bibel, auch das gilt es zu entdecken.
Doch wenn man in diesem Bild bleibt, dann sieht man, wo die Probleme anfangen: Wer sagt denn wem, an welchen Platz er gehört?

Wer sagt denn dem Auge, dass es Auge ist und dem Fuß, dass er die ganze Last des Körpers tragen soll?

Im biologischen Bild des Körpers ist klar, an welchen Platz jeder gestellt ist, aber schon in der satirischen Umsetzung des Paulusbildes sehen wir, dass da einer ganz schnell auf die Idee kommen könnte, die Milz rauszuschmeißen, einfach, weil sie zu vorlaut ist.
Wer verhindert das im richtigen Leben?

In den letzten Tagen haben wir über die Zukunft unserer Kirche gesprochen. Wir haben Schwerpunkte benannt, haben Weichen gesetzt. Wenn wir nun heute Nachmittag u.a. weiter über das Perspektivprogramm und den Haushalt beschließen, sind wir diejenigen, die verantwortlich sind, den Körperteilen der Kirche ihre Bedeutung, ihren Platz am Körper der Gemeinde Christi zuzuweisen.

Will Paulus uns mit seinem Satz „Nun aber sind der Glieder zwar viele, der Leib aber ist einer.“ nicht sagen: „Jeder von Euch ist kostbar, einzigartig und von Gott gemacht. Ihr alle seid in eurer unverzichtbaren Vielfalt Teile der Gemeinde.“?

Deshalb gilt auch ein anderes Paulus-Wort: „Wenn ein Glied leidet, dann leiden alle Glieder mit.“
Denn hier wird ganz deutlich, dass das Gefüge im Körper und in unserer Kirche nur dann funktionieren kann, wenn der Stärkere oder Gewichtigere im Sinne des Perspektivprogramms auf den Schwächeren oder gar nicht oder nur wenig Berücksichtigten im Perspektivprogramm Rücksicht nimmt und anerkennt, dass jede und jeder seine Bedeutung, sein Salzkorn und vielleicht manchmal auch seinen Pfefferstreuer in die Gemeinschaft einbringt.
Und so wird das Großhirn eben doch nicht die Milz rauswerfen, denn das Großhirn hat erkannt, dass es ohne die Milz halt doch recht fad wäre.
Amen.

[Man möge mir nachsehen, dass ich nur ein angehender (!) Theologe bin und diese Gedanken als Laie vorgetragen habe.]

Ein Gedanke zu „Über Stärken und Schwächen eines Körpers

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