6.Klostertag – Montag, 26.07.2004

Das Schiff kam immer näher und langsam konnte man auch das Kreuz, welches mit Lichterketten behängt war, auf dem Bug des Schiffes erkennen.
Rasend schnell kam es näher und näher und nachdem es vorsichtig am Klostersteg angelegt hatte, wurde das Kreuz abgeseilt, da es nicht durch das Schiffsinnere passte. Mittlerweile hatte sich eine große Menschenmenge am Ufer zusammengefunden, die das Geschehen scheinbar sekundenweise dokumentierte, so groß war das Blitzlichtgewitter. Plötzlich endeckte ich Matthias, Anselm und Daniel im Untergeschoß des Schiffes. Hatte Matthias also die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und schon die Bootsfahrt mitgemacht. Das sah ihm ähnlich. 🙂
Da ich mit Frater Lukas direkt am Bootsstegende stand, wurde mir urplötzlich von Pater Gregor, der das WJT-Kreuz in Kehlheim abgeholt hatte, das Kreuz in die Hand gedrückt. „So nun übernimm mal Du.“ So kam ich also mit einigen anderen zu der Ehre das Kreuz, dass im Übrigen 31kg wiegt, in die Klosterkirche zu tragen. Matthias lief dabei neben mir her und erzählte von der Anreise und witzelte mit mir, dass ich als „Ketzer“ das katholische Kreuz trage. In der Kirche ging dann auch gleich das Nachtprogramm los, dass die ganze nacht hindurch andauern sollte. Zu diesem Zeitpunkt nahm ich mir noch vor, doch schlafen zu gehen und erst am frühen Morgen wieder dazuzustoßen… Nach dem ersten Chor und einer kurzen Ansprache in der überfüllten Kirche, folgten dann diverse andere Jugendgruppen und „Einzelkünstler“ die mit den Anwesenden sangen oder den Rosenkranz beteten. Von den Berlinern blieben irgendwann nur Matthias und ich übrig und so beschlossen wir, doch die ganze Nacht durchzumachen und am Kreuz zu wachen.Das Kreuz war vor dem Altarraum mittig aufgestellt worden, eingerahmt von einer großen Kerze und einem Blumenstrauß neben dem dann die Marienikone stand, die mit dem Kreuz um die Welt reist. Auch das Logbuch des Kreuzes lag auf dem Fußboden und irgendwann in der Nacht trugen auch Matthias und ich uns dort ein. Die Kirche leerte sich je später der Abend bzw der Morgen wurde… Gegen zwei Uhr erwies sich Pater Gregor als toller Rausschmeißer, als er mit den Versammelten mindestens fünfmal hintereinander einen Rosenkranz betete… das war zuviel für die müden Jugendlichen, die es dann vorzogen in den zum Schlafraum umgestalteten Seminarraum zu gehen und sich für den Pilgerweg am morgen auszuruhen. So bildete sich dann um Matthias und mich ein „harter Kern“ von sechs Leuten, die miteinander sangen, meditierten und beteten.
Dem WJT-Kreuz zu Ehren änderten die Mönche ihren Tagesablauf und so begann die Morgenhore, die normalerweise um 5.30h beginnt an diesem Tage erst um 6 Uhr. Nach der Morgenhore, zu der sich die Kirche wieder füllte, trugen Matthias und ich das Kreuz vor die Kirche und machten uns abmarschbereit, denn um sieben Uhr sollte es dann auf den Pilgerweg gehen.
Pünktlich um sieben Uhr machten wir uns dann auf den Weg, wobei Matthias und ich das Kreuz tragen sollten.
So marschierten wir zu unserer ersten Station und unterwegs lernten wir viele nette Leute aus der Umgebung kennen. Jemand hatte sogar eine Gitarre mit, so dass wir sangen… zumindest versuchten wir es eine zeitlang, aber so recht fanden wir keine Lieder, die alle toll fanden.
Als wir bei der ersten Station ankamen, wo wir natürlich schon sehnlichst von der Dorfgemeindschaft erwartet wurden – war das Kreuz doch das Highlight – , bekamen die Pilgerer erst mal eine kulinarische Köstlichkeit aus Bayern gereicht – Weißwurst! Matthias trank dazu standesgemäß ein Weißbier und das obwohl es erst 9 Uhr morgens war…!
Wir beide überlegten, ob wir noch bis zur Endstation an einem Donaudeich mitlaufen sollten, was noch einmal 6 km laufen bedeutete, denn wir waren schon sehr müde… aber ein echter Berliner reisst sich zusammen und läuft und läuft… mit dem Kreuz auf den Schultern… wir wurden immer mal wieder von kleineren und vor allem jüngeren Jungs und Mädels abgelöst, so dass wohl jeder, der mit uns vom Kloster losmarschiert war, mal das Kreuz die 13 km über getragen hat.
Irgendwann bei Kilometer 10 konnte ich dann nicht mehr. Mein rechter Fuß schmerzte und die Müdigkeit tat ihr übriges. Komischerweise wurde der rechte Fuß immer dicker. Merkwürdig.
Nachdem wir dann gegen 11 Uhr an der Stelle angekommen waren, an der vor einigen Jahren der Deich beim Jahrhunderthochwasser gebrochen war und dadurch Neustadt überflutet worden war, feierten wir noch einen ökumenischen Schulgottesdienst, da ganze Schulklassen für dieses Ereignis herangekarrt worden waren, und machten uns dann schleunigst mit einem Auto auf den „Heimweg“ zum Kloster, da wir ja die Mittagshore um 11.45h nicht verpassen konnten. Mit großem Abhetzen schafften wir es auch gerade noch so…

Nach dem Mittagsessen schlief ich dann bis zur Abendhore. Mein Fuß wurde immer dicker und schmerzte auch beim liegen. Ich nahm das erst nicht für voll, aber dann sprach mich Pater Michael bei der Reklination darauf an und sorgte dafür, dass Frater Lukas mich in das Krankenhaus in Kehlheim brachte… Widerwillig ging ich also mit. Der diensthabende Arzt war eine komplette Null. Obwohl ich ihm dreimal erklärte, dass ich hier im Urlaub sei, wollte er mich zu meinem Hausarzt schicken… Er drückte mal kurz auf dem Bein rum und ordnete an, dass ich einen Salbenverband bekommen sollte. Damit war ich dann abgehackt. Und so fuhren Frater Lukas und ich voller Vertrauen auf den Arzt wieder in das Kloster, wo ich sich dann sofort alle besorgt nach mir erkundigten. Pater Michael war nicht sonderlich überzeugt von der Diagnose des Arztes „Schwellung und Entzündung nach Insektenstich“ – und zwar zu recht! Nichts desto trotz fuhren wir dann doch noch nach Blankstetten, wo eine „Disco“ zu Ehren des WJT-Kreuzes stattfinden sollte und zu der Matthias und ich von den netten einheimischen Jungs und Mädels, die wir bei der Prozession kennengelernt hatten, eingeladen worden waren. Doch wir hätten wohl nichts verpasst, wenn wir nicht hingefahren wären. Aber egal. So machten wir uns also auf den Heimweg und verbrachten dann den Rest des Abends mit nem Bier vorm Fernseher.

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