Im kirchlichen Rheinland tobt eine Revolte. Die Evangelische Kirche im Rheinland hat der dortigen Evangelischen Jugend das Stimmrecht in der Landessynode entzogen. Jetzt machen die Jugendlichen über Facebook mobil.
In jeder Landeskirche gibt es eigene Regelungen, wie die Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen im kirchlichen Leben funktioniert. Vertreten werden alle Kinder und Jugendlichen, die sich in der Evangelischen Kirche engagieren, vom Jugendverband der Evangelischen Jugend. Während Kirchenleitende immer wieder gern betonen, wie wichtig es ist, dass sich Jugendliche in das kirchliche Leben einbringen, dass die Jugendarbeit gefördert gehört oder dass die evangelische Kinder- und Jugendarbeit ein wichtiger Leuchtturm kirchlichen Handelns ist, zeugt deren Handeln nicht immer von diesen Aussagen.
Ein trauriges Beispiel erleben wir derzeit in der Evangelischen Kirche im Rheinland, wo die Kirchenleitung bei der Konstituierung der Landessynode, dem höchsten Kirchenparlament einer Landeskirche, der Evangelischen Jugend das Stimmrecht gestrichen hat.
Zur Erinnerung: ich selbst war sechs Jahre lang Vertreter der Evangelischen Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EJBO) in der Landessynode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Als einer von rund 130 Synodalen habe ich dort meine Stimme als Anwalt der Jugend erhoben. Oft habe ich die Synodalen an die Lebenswirklichkeit der Kinder und Jugendlichen erinnert, habe Veränderungen angemahnt und in vielen Einzelgesprächen für die Positionen der EJBO geworben.
Die Kirche braucht die Jugend. Ohne Kinder und Jugendliche, die sich zum Evangelium bekennen und in gemeindlichen Strukturen beheimatet fühlen, stirbt die Kirche irgendwann aus. Kirche muss endlich aufwachen und auf die Bedürfnisse der Kinder- und Jugendarbeit ernsthaft eingehen. Dazu gehört auch, dass sich die Evangelische Jugend selbst mit eigenem Rede- und Stimmrecht in synodalen Prozessen einbringen darf. Warum sollte das, was seit Jahren in der EKBO gut funktioniert, nicht auch im Rheinland möglich sein?
Darum: gebt der Jugend eine Stimme! Unterstützt die Evangelische Jugend im Rheinland auf https://www.facebook.com/JugendStimme.
Folgenden Musterbrief könnt ihr weiterleiten:
An die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Schwestern und Brüder,Mit großem Bedauern habe ich gehört, dass Sie der Evangelischen Jugend im Rheinland (EJiR) einen stimmberechtigten und einen beratenden Sitz in der Landessynode entzogen haben.
Ich sehe darin eine symbolische Abwertung der Arbeit, die die Evangelische Jugend in den Gemeinden von Emmerich bis Saarbrücken jeden Tag leistet. Sei es die offene Tür, die Pfadfinderarbeit VCP, die Segelfreizeit, der CVJM, die Kinderbibelwoche oder einfach nur die helfende Hand und das Ohr, das zuhört.
Für diese Arbeit ist viel Engagement nötig, Engagement, das die EJiR auch gerne einbringt, wenn es auf der Landessynode darum geht, an der Zukunft unserer Kirche zu bauen, denn Jugend ist Gegenwart und Zukunft der Kirche.
Weiter bin ich der Meinung, dass einer der größten Jugendverbände in NRW, Rheinland-Pfalz und dem Saarland, in dem von SchülerInnen über Auszubildende bis hin zu Studierenden aktiv sind und der von der Jugendkirche bis zur Jugendsozialarbeit ein breites Arbeitsfeld vertritt, auch in seiner eigenen Kirche mit Gewicht vertreten sein sollte.
Da junge Menschen kaum die Möglichkeit haben, in einem langwierigen Prozess vom Presbyterium über die Kreissynode in die Landessynode gewählt zu werden, ist es wichtig, dass sie hier direkt über die Delegation der EJiR vertreten werden.Daher bitte ich Sie, Ihre Entscheidung, der EJiR zwei Sitze auf der Landessynode zu entziehen, zurück zu nehmen und zur vorher bewährten Praxis zurück zu kehren.
Mit freundlichen Grüßen
Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland hat übrigens mittlerweile reagiert. Klaus Eberls schreibt an die Evangelische Jugend:
„Die Kirchenordnung legt die Zusammensetzung der Landessynode fest. Leider war keine weitere Berufung möglich, denn die Kirchenleitung kann höchstens 20 Personen in die Landessynode berufen. Bei den berufenen Mitgliedern der Synode handelt es sich nicht um feste Plätze für bestimmte Gruppen und Arbeitsfelder. Vielmehr soll ein möglichst breites Spektrum der Landeskirche abgebildet werden.
Dass nur ein stimmberechtigtes Mitglied der Evangelischen Jugend neben den Gästen der Jungen Generation berufen wurde, kann nicht als Zeichen mangelnder Wertschätzung aufgefasst werden. Im Gegenteil: Der Kirchenleitung ist bewusst, dass die Jugenddelegierten stets wichtige Beiträge für die synodalen Debatten geliefert haben. Deshalb sind inzwischen auch einige frühere Vertreterinnen und Vertreter der Evangelischen Jugend als Delegierte ihrer Kreissynoden berufen worden.
Insgesamt ist die Landessynode deutlich ‚jünger’ geworden. Das ist auch ein Verdienst der beharrlichen Forderungen der Evangelischen Jugend und des Klartext-Prozesses.“
Für die Antwort habe ich kein Verständnis. In meiner Landeskirche, der EKBO, sind zwei stimmberechtigte Landessynodale der EJBO – Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz seit Jahren nicht nur Ausdruck der Mitbestimmung der Jugend, sondern voll akzeptierte und geschätzte Mitglieder. Eine echte Wertschätzung wäre es, die Kirchenordnung zu ändern und den Strukturen der Evangelischen Jugend Akzeptanz und Stimme zu geben.
Liebe rheinische Kirchenleitung: Jugend dauert nicht ewig, wenn ihr sie beteiligen und an ihr partiziperen wollt, gestaltet eure Prozesse durchlässiger. Gebt der Jugend eine fest verbriefte Stimme in eurer Landessynode. Wir habne in der EKBO gute Erfahrungen damit gemacht. Und keine Angst: zwei Stimmen der Landesjugend kippen keinen noch so wichtigen synodalen Prozess.
Ich wünsche der Kirchenleitung mehr Mut, der Evangelischen Jugend Durchhaltevermögen und mehr Stimme, allen zusammen einen guten gemeinsamen Weg mit gegenseitiger Wertschätzung!